Seit fünf Jahrzehnten
leitet Ingeborg Haust den Posaunenchor der evangelischen Gemeinde in
Stockstadt. Helmut Schneider ist ebenso lange ihr Schüler. Beide wurden nun
geehrt.
Von René Granacher
STOCKSTADT – 50 Jahre an
der Posaune, 50 Jahre Musik zur Ehre Gottes: eine reife Leistung. Ein doppeltes
kirchenmusikalisches Jubiläum hat die evangelische Gemeinde am Sonntag mit
einem Festgottesdienst und anschließendem Empfang in der Kirche gefeiert. Denn
Ingeborg Haust ist seit einem halben Jahrhundert Leiterin des Evangelischen
Posaunenchors, Helmut Schneider ebenso lange ihr Schüler. Als die Lehrerin Ende
1969 die Leitung der Gruppe übernahm, war der Bub namens Helmut einen Monat
zuvor beigetreten und erlernte von da an sein Instrument.
Viele andere folgten ihm,
kamen über die Jahre dazu und gingen auch wieder, wenn sich die Lebenssituation
änderte. Haust und Schneider blieben und wurden nun vielfältig gewürdigt und
geehrt. Denn die Musik des Posaunenchors ist aus dem Leben der Kirchengemeinde
nicht wegzudenken: bei Gottesdiensten und Festen, bei ökumenischen
Veranstaltungen wie dem Martinszug, über lange Jahre auch beim Pfarrfest der
katholischen Gemeinde. Auch in anderen Orten trat die Gruppe auf, so in
Biebesheim oder bei der Waldweihnacht auf dem Kühkopf.
Für das Posaunenwerk der
Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau war Martin Weisser gekommen, um die
Leistungen der Leiterin und des Musikers über fünf Jahrzehnte zu würdigen. Viel
Freizeit sei während dieser langen Zeitspanne in die Kirchenmusik geflossen.
Die Zahl der Posaunenchöre in evangelischen Gemeinden nehme langsam ab, sagte
er, liege aber allein im Bezirk Starkenburg noch bei 71.
Richard Hefermehl dankte
für den Kirchenvorstand und erinnerte sich, wie er zeitweise selbst dem
Posaunenchor angehört hatte. Er hob hervor, dass Haust zu den Übungsstunden
seit 50 Jahren nach Stockstadt fahre, erst aus Alsbach und nun schon lange aus
Darmstadt. Zugleich sei sie in ihrer Funktion die dienstälteste Mitarbeiterin
der Kirchengemeinde und eine Konstante im Ort.
Unzählige Stücke hat
Haust in dieser Zeit mit der Gruppe eingeübt und oft auch umgeschrieben, schon
weil Musik für kirchliche Posaunenchöre traditionell in der speziellen
Kuhlo-Notation steht, sodass sie direkt aus Gesangbüchern gespielt werden kann.
In 50 Jahren waren es etwa ebenso viele Männer und Frauen, früher auch Jungen
und Mädchen, die unter Leitung von Ingeborg Haust gespielt haben.
13 sind es derzeit, und
mehr sollen es auch nicht werden: „Ich will keine Zeit mehr in die
Ausbildung von Neuzugängen investieren“, erklärt Haust. „Wir werden
jetzt zusammen alt.“ Aus Marburg stammend, war sie schon früh durch ihren
Vater, ebenfalls Leiter eines Posaunenchors, in Berührung mit Blasinstrumenten
gekommen. Nachdem ihre ältere Schwester schon Tenorhorn spielte, durfte sie mit
14 Jahren anfangen, die Posaune zu erlernen.
Als Lehrerin in Gernsheim
kam sie durch ihren Vorgänger Karl Heinz Hannig, einen Studienkollegen, in
Verbindung mit dem Posaunenchor der Stockstädter Gemeinde. Diese wollte sie
zunächst nicht einstellen, weil weibliche Chorleiter damals ganz unüblich
waren, besann sich dann aber eines Besseren. 15 Pfarrer und Pfarrerinnen
erlebte Haut schließlich in den Jahrzehnten ihrer Tätigkeit.
Zu den Kostproben ihres
Könnens, die von den Bläsern in dem Gottesdienst mit Pfarrer Hans Jürgen
Basteck zu erleben waren, gehörte der Bach-Choral „Nun danket alle Gott“.
Mehrere Stücke erklangen gemeinsam mit dem Flötenkreis der Gemeinde (Leitung:
Sonja Siegel), so zum Abschluss die „Irischen Segenswünsche“ auf ein
Motiv aus dem bekannten Kanon von Pachelbel.