An(ge)dacht 2017

Gott neigt sich zur Erde

Noch sitzen wir in der Finsternis und bereiten uns in den Wochen des Advents auf den himmlischen Besuch vor. Ankündigung und Hoffnung bestimmen diese Zeit, gestärkt durch die Gewissheit, dass Gottes Liebe wie lebensspendendes Licht aufgehen wird.

Theologisch wird hier der letzte Prophet angekündigt, der die Ankunft des Messias, des Retters der Welt begleiten und persönlich erleben wird: Der Priester Zacharias freut sich über die Geburt seines Sohnes Johannes, des künftigen Täufers, der ihm und seiner Frau Elisabeth noch im Alter geschenkt wurde.

Bemerkenswert ist, dass dort, wo der Prophet Jesaia von Gottes Herrlichkeit berichtet (Jesaia 60,2), Zacharias in seinem sinngemäßen Zitat menschliche Gefühle, Sehnsüchte und Vorstellungen benennt: Die Herrlichkeit des Herrn wird zu Gottes herzlicher Barmherzigkeit. Und Gott erscheint auch nicht wie die Sonne, sondern er kommt selber zu Besuch und wird so die Welt erleuchten und seine Menschen auf den Weg des Friedens führen.

Dass Gott als Mensch zu uns kommt, darauf warten wir im Advent, darauf bereiten wir uns in vorweihnachtlicher Freude vor. Gott wird unser Leben hell und friedlich machen, weil er barmherzig nach uns sieht und nicht urteilt, ob wir alles richtig gemacht haben. Seine Liebe ist größer als unser gutes Wollen. Gott neigt sich zur Erde wie das aufgehende Licht aus der Höhe, wird sichtbar, greifbar und heilt, was beschädigt und verfinstert war.

Karin Bertheau
(„Der Gemeindebrief“)


Gott ist mitten unter uns

 

Viel Gutes haben Ezechiel und seine israelitischen Zeitgenossen nicht erlebt, der Tempel ist zerstört, das Volk gespalten in Israel und Juda, die Oberschicht deportiert. Das Vertrauen auf Gott schwindet. Ezechiel hat es nicht leicht, er legt den Finger in die Wunde – Gott kann auch strafen, Gottlosigkeit bleibt nicht ohne Folgen.
Wie sich das doch in der Menschheitsgeschichte wiederholt. Ich denke nur an die Zeit, die dem Herbst 1989 vorausging.
Aber Gott wäre nicht er selbst – ohne Gnade. So kann Ezechiel von dem Geist der Versöhnung reden. Ein wunderschönes Bild wird gezeichnet: Ich will unter ihnen wohnen und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein. Gott ist nicht der ferne, unnahbare Gott, er kommt mitten in das Leben.
Stellen Sie sich vor, es klingelt an der Haustür, Gott steht davor und sagt: Hallo Nachbarn, ich wollte nur mal bei euch reinschauen, wie es so geht. Ich kenne das von Hausbesuchen in meiner Dorfpfarrstelle. Anfangs war etwas Unsicherheit da, die gute Stube wurde aufgeschlossen und etwas steif wurde versucht, ins Gespräch zu kommen. Nach mehreren Begegnungen und Wortwechseln fanden die Besuche dann in der gemütlichen Küche statt. Ganz zwanglos redeten wir über Gott und die Welt – und Gott war mitten unter uns.
„Hallo Nachbarn“ – so einem Gott kann ich mein Leben anvertrauen. Hier wird vorweggenommen, was Weihnachten handfest sichtbar wird: Gott ist mitten unter uns. Er hat Anteil an meinem Leben.

Carmen Jäger
(„Der Gemeindebrief“)


Die Engel werden sich freuen

Ich stelle mir ein himmlisches Erntedankfest vor. Die Engel schauen, welche Ernte sie eingebracht habe. Da gibt es viele tolle Begebenheiten. Sie erzählen von getrösteten Menschen. Da gibt es die Verkündigung, die große Freude hervorgerufen hat. Die Schutzengel haben viel zu berichten. Mancher Auftrag ist für die Boten Gottes gar nicht so leicht an die Frau und den Mann zu bringen, oft werden sie übersehen und ihre Arbeit und ihren Erfolg beanspruchen andere für sich. Wie menschlich es doch bei den Engeln zugeht. Und worüber freuen sich die Engel Gottes?

Ein Sünder, der Buße tut – das klingt erst einmal nicht so bemerkenswert. In der Praxis sieht das viel schwieriger aus. Erst einmal muss ein Mensch einen Fehler erkennen und dann noch gewillt sein, etwas zu verändern. Bis heute geht der Vergebung das Schuldeingeständnis, die Beichte voraus. Also viel Freude kommt bei den Engeln wohl nicht auf, oder? Was hat das mit Erntedank zu tun?

Die Saat der Gleichgültigkeit, der gegenseitigen Schuldzuweisungen, der Verantwortungslosigkeit geht ziemlich schnell auf. Streuen wir Vertrauen für andere Menschen und die Schöpfung, Frieden und Gerechtigkeit in den Acker des Lebens.

Schleichen wir uns zu den Engeln und feiern Erntedankfest. Ich bin sicher, es wird Freude sein bei den Engeln Gottes über mich, wenn ich nicht immer nur Ausflüchte suche, sondern auch etwas in meinem Leben verändern will.

Carmen Jäger
(„Der Gemeindebrief“)


Drängeln hilft nicht

Es gibt einen stetigen Kampf um die ersten und die besten Plätze. Und das ist bei weitem nicht nur unter Kindern so. Man könnte fast sagen, beim Versuch, ganz vorne zu sein, kommt bei uns allen ein ausgeprägter Überlebenstrieb zum Vorschein. Der zeigt sich nicht unbedingt sozial. Gerade noch ganz angenehm und zivilisiert, können Menschen ihren Verhaltensmodus ganz auf Anfang, viele Tausend Jahre zurückschalten. Und das nur, um womöglich nicht mit leeren Händen oder ohne einen guten Platz auskommen zu müssen.

Einen Mann, den Jesus traf, beschäftigte noch etwas anderes. Jener fragte diesen nämlich, wie es nach dem Tod sei. Kämen viele in den Himmel oder nur wenige? Jesus antwortete in seiner Weise mit einer kleinen Geschichte. Er erzählte von einem Hausherrn, der die Anklopfenden mit der Begründung abweist: „Ich kenne euch nicht.“ Er lässt sie nicht herein. Die, die draußen stehen, müssen erleben, dass andere kommen und eingelassen werden. Sie müssen sehen, wie die, die später kommen, am Tisch in der guten Stube Platz nehmen dürfen. Drängeln hilft hier also nicht. Es wäre gut, einen Schritt zurückzutreten und innezuhalten.

Wie kann ich mein Leben so gestalten, dass ich mich als würdig erweise gegenüber dem Hausherrn, der ja nicht irgendeiner ist, sondern Gott selbst? Finde ich eine positive Antwort auf die Frage nach meiner Lebensweise, dann spielt es keine Rolle mehr, ob ich als Erster oder Letzter vor der Tür stehe und um Einlass bitte.

Nyree Heckmann
(„Der Gemeindebrief“)


Stärke, Kraft und Mut

Es gehört Mut dazu, für sich selbst einzustehen, sich nicht abbringen zu lassen von dem, was einen überzeugt hat. Was im eigenen Umfeld nicht der Mehrheitsmeinung entspricht, kann unangenehm auffallen – ist es deshalb falsch? Zu einer offenen und freien Gesellschaft gehört es dazu, dass jede und jeder seine Meinung sagen darf, vertreten, was wichtig erscheint.

Was gesagt und wofür eingestanden wird, muss mit dem Menschenrecht auf ein Leben in Freiheit und Würde zusammenpassen. Unabhängig von Religion und Kultur. Ist das so, gibt es keinen Grund, zurückzuhalten, was die Menschen hören sollten.

Da es aber auch innerhalb der Rahmenbedingungen einer demokratischen Verfassung Anfeindungen oder zumindest kritische Bemerkungen geben kann, kann ein Alleingang eine große Anstrengung sein. Und, nicht zu vergessen, egal, was gesagt wird: Der Ton macht die Musik.

Paulus findet einen angenehmen Ton, als er vor König Agrippa und Festus – seinem Statthalter – zu reden und sich zu verteidigen hat. Er spricht unbeirrt, zeigt aber auch eine offene Haltung. Er strahlt Sicherheit aus, er weiß, dass er sich getragen fühlt. Und er weiß: Gewalt ist weder nötig noch hilfreich, um sein Anliegen durchzubringen. Ihn zeichnet eine ausgeprägte Gelassenheit aus.

Er hat für sich selbst erfahren, dass Gott ihm zur Seite steht. Egal was passiert, er findet in Gott seine Stärke und Kraft – und seinen Mut.

Nyree Heckmann („Der Gemeindebrief“)


Reiche Liebe  

Liebe verändert sich im Laufe des Lebens. Das können alte Ehepaare bestätigen – so oder so! Wie gut, wenn Erfahrung und das immer bessere Kennenlernen die Liebe reich machen! Das ist die beste Basis für ein gutes, seelisch gesundes Miteinander!

Und nun schreibt Paulus diesen Satz an die Gemeinde in Philippi. Und er spricht von einer besonderen Liebe: nicht von „sexus“, nicht von „philia“ (der freundschaftlichen Liebe) oder „caritas“ (der fürsorglichen, elterlichen Liebe). Paulus spricht von „agapä“, der Gottesliebe. Auch in der Liebe zwischen Gott und uns Menschen sind Erkenntnis und Erfahrung wichtig. Sie ist die beste Basis für einen gesunden Glauben.

Paulus betet für die Gemeinde in Philippi, dass ihre Liebe zu Gott wächst und immer reicher wird.

Und auch ich bete für die Gemeinde hier in Stockstadt, dass die Liebe zu Gott wächst und immer reicher wird, und so auch der Glaube, das Vertrauen auf Gott gestärkt wird und sich immer mehr in den Herzen verwurzelt; dass daraus innere Heilung, Versöhnung und Frieden wachsen. Und ich bete um ein fröhliches Bekenntnis zu unsrem Herrn Jesus Christus, der uns dies alles ermöglicht! Amen.

Pfarrerin Christiane Seresse


Ziviler Ungehorsam

Eigentlich ist das logisch. Schließlich steht Gott über den Menschen, also muss man ihm auch mehr gehorchen. Schwierig wird es dann, wenn Vorgesetzte oder die staatliche Obrigkeit etwas von uns verlangen, was dem Willen Gottes widerspricht. So wie es Petrus passiert ist. Er hatte von Jesus gepredigt, kam deshalb vor Gericht, und als Bedingung für seine Freilassung sagte man ihm, er solle aufhören, von Jesus zu reden. Er antwortete: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“

Im Laufe der Kirchengeschichte haben sich unzählige Menschen an diesem Satz orientiert, beispielsweise dann, wenn sie den Kriegsdienst verweigert haben – so schon Martin von Tours („St. Martin“), oder die Mennoniten, die deshalb nach Südamerika auswandern mussten.

Wir dürfen hier und heute noch offen von Jesus Christus reden, Gottesdienste feiern und nach den 10 Geboten leben, ohne dass wir dafür Repressalien erleiden müssen. Das ist Grund zur Dankbarkeit und weltweit gesehen überhaupt nicht selbstverständlich. Aber auch in unserer Gesellschaft lautet ein ungeschriebenes Gesetz: Glaube ist tabu, darüber redet man nicht! Doch! Die freimachende Botschaft von Jesus Christus ist es wert, mit anderen darüber zu reden. Lasst uns unsere Freiheit nutzen! Amen.

Pfarrerin Christiane Seresse


Suppe ohne Salz?

Wenn das Salz am Essen fehlt, merkt man das sofort! Für uns ist es selbstverständlich, dass wir Salz zuhause haben und es zum Würzen gebrauchen können. Aber Salz ist kostbar. Früher hieß es „das weiße Gold“ und wurde oft über hunderte von Kilometern importiert. Man brauchte es in Zeiten ohne Kühlschränke auch zum Haltbarmachen von Speisen.

Paulus schreibt im Monatsspruch für Mai: was wir sagen soll „mit Salz gewürzt“ sein. Und Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Ihr seid das Salz der Erde!“ Christen sollen verhindern, dass das Leben in ihrer Umgebung geschmacklos ist und verdirbt. Wir haben also den Auftrag, Dinge anzusprechen, die nicht in Ordnung sind. Und gleichzeitig dabei freundlich zu sein.

Jesus hat das vorgemacht. Er hat sich nie gescheut, Missstände anzuprangern, und zugleich war er gütig und freundlich zu den Menschen und hat ganzheitlich für sie gesorgt. Ihm sollen wir nachfolgen – das wird unserer Gesellschaft gut tun. Amen.                                           

Pfarrerin Christiane Seresse


Auferstehung? – Tatsache!

An der Auferstehung Jesu scheiden sich die Geister. Wer dem eigenen Verstand mehr zutraut als Gott, der zweifelt daran, dass so etwas möglich ist. Aber Gott richtet sich nicht danach, ob die Auferstehung in unser Vorstellungsvermögen passt. Und Paulus argumentiert messerscharf: Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist unser Glaube wertlos! Dann lassen wir das mit dem Glauben besser ganz sein und leben, wie es uns gefällt.

Die gute Nachricht ist: es ist wahr! Jesus ist wirklich auferstanden! Gottes Leben schaffende Kraft ist stärker als der Tod! Und durch Jesus wirst auch du auferweckt, wenn du an ihn glaubst! Dann steht am Ende deines Lebens nicht der Tod, sondern das ewige Leben in Gottes Herrlichkeit!

„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden!“ Jesus liegt nicht auf dem Friedhof. Und die Kirche ist kein Museum. Es geht nicht um Traditionen, sondern um den höchst lebendigen Herrn der Welt! Ihm zu folgen verändert dein Leben schon heute zum Guten, und erst recht in der Ewigkeit! Denn wer Jesus bei den Lebenden sucht, wird ein Leben finden, das diesen Namen verdient! Amen.                                        

Pfarrerin Christiane Seresse


Wertewandel?

Alte Menschen zu ehren, aber auch die Schwachen zu schützen und die Kranken zu pflegen gehört zum Werte-Kanon des christlichen Glaubens. Diese Werte hochzuhalten ist in unserer Zeit nicht einfach – vermutlich war es das nie –, aber es ist uns als Christen wichtig. Nicht die Ellenbogen-Gesellschaft soll über das Schicksal hilfsbedürftiger Menschen entscheiden, sondern Mitgefühl und Menschenwürde.

Woher kommt die Kraft, zu diesen Werten zu stehen und sie zu leben, entgegen dem Trend von Sterbehilfe und Abtreibung, Vereinsamung und Rücksichtslosigkeit? Der Monatsspruch sagt es ganz klar: aus der Ehrfurcht vor Gott, unserem Schöpfer. Er hat uns in Jesus seine Liebe zu den Kranken und Benachteiligten gezeigt. Wer Gott fürchtet, wird auch die Würde seines Nächsten achten. Wer aus der Dankbarkeit Gott gegenüber lebt, wird Zeit und Geld nicht nur für sich verbrauchen, sondern die Liebe Gottes tatkräftig weitergeben. Amen.                                        

Pfarrerin Christiane Seresse


Vertrauen wagen…

„Frieden“ ist einer der meistgenannten Wünsche! Frieden ist die Grundlage für ein gutes Leben. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Waffen schweigen. Es bedeutet vielmehr: dass alle Menschen haben, was sie zum Leben brauchen. Dass jeder frei und in Würde leben und seine Gaben entfalten kann. Dass gute Beziehungen jeden einzelnen Menschen tragen, mit seinen Schwächen und Fehlern.

Solchen Frieden will Gott uns schenken. Deshalb gibt er uns seine Gebote. Und vielmehr: er kommt selbst zu uns, in Jesus Christus, und trägt Heil und neues Leben in unsere Beziehungen hinein; zum Beispiel durch eine Satz wie diesen: „Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus!“

Das ist ja nicht selbstverständlich. Wenn wir zu Menschen kommen, die wir noch nicht kennen, sind wir oft eher vorsichtig, vielleicht etwas misstrauisch. „Ist der mir wohlgesonnen? Kann ich ihm vertrauen?“ Jesus empfiehlt uns eine andere Haltung: Offenheit, Wohlwollen, Freundlichkeit, von Anfang an. Den Fremden segnen mit unsren Worten und Taten. Das setzt eine Spirale des Guten in Gang. Die Kraft für solches Vertrauen erwächst aus einer guten Beziehung zu Gott, aus dem Wissen: Gott sorgt für mich und schützt mich. Amen.   

Pfarrerin Christiane Seresse


Leben in Fülle!

Bild: „Der Gemeindebrief“

…sagte Petrus zu Jesus. Der hatte den erfahrenen Fischer aufgefordert, etwas Unsinniges zu tun. Was war passiert?

Petrus hatte mit seinen Kollegen die ganze Nacht gearbeitet. Aber umsonst – sie hatten nichts gefangen. Und nun war es hell, und damit aussichtslos, noch etwas zu fangen. Petrus war frustriert! Doch dann kommt Jesus, und er fordert ihn auf, jetzt noch einmal die Netze auszuwerfen. Erstaunlich – Petrus willigt ein! Obwohl er daran zweifelt, ob das Sinn macht. Doch er vertraut Jesus. Und sein Vertrauen wird belohnt – er fängt so viel, dass ein zweites Boot geholt werden muss, um den riesigen Fang zu transportieren.

Was Petrus erlebt, haben viele nach ihm auch erfahren: man müht sich ab in seinem Leben und kommt recht oder schlecht durch. Und dann wendet man sich Jesus zu, vertraut darauf, dass seine Worte Leben bringen, gehorcht – und erlebt Segen in Fülle! – Petrus war erschüttert nach diesem Fischfang. Er ist vor Jesus auf die Knie gegangen und hat seine Sünden bekannt, weil er in Jesus Gott erkannt hat. Und ab diesem Tag ist er Jesus nachgefolgt. Dem Jesus, der uns Leben in Fülle schenkt, wenn wir ihm ganz und gar vertrauen. Amen.                                                                                                                   

Pfarrerin Christiane Seresse


 

nach oben