In der Passionszeit bietet die evangelische Gemeinde Stockstadt Abendspaziergänge unter dem Motto „Auf Ostern zugehen“ an.
Von René Granacher
STOCKSTADT – In anderen Jahren bietet die Fastenzeit Gelegenheit, vom Gewohnten Abstand zu nehmen und zu sehen, was verzichtbar ist. Während der Pandemie aber ist vieles nicht wie gewohnt – und Verzicht an der Tagesordnung. Dennoch ermöglichen diese Wochen eine Besinnung und Vertiefung: Die evangelische Gemeinde lud zum ersten von vier Abendspaziergängen auf dem Kühkopf ein, die Naturerlebnis und Spiritualität verbinden.
18 Teilnehmer begrüßte Pfarrerin Ksenija Auksutat an der Kühkopfbrücke und stattete sie mit kleinen Kladden für Notizen aus. Denn zu den Impulsen, die sie vorlas, gab sie auch Anregungen, sich eigene Gedanken zu machen und vielleicht zu notieren. An mehreren Stellen machte die Gruppe Halt, die Wege dazwischen wurden teils im Gespräch zurückgelegt und teils in bewusstem Schweigen und Betrachtung der Natur.
Die Spaziergänge fallen auch in die Zeit, wo die Vegetation nach und nach aus ihrer Winterruhe erwacht – von Alters her ein Bild für die Auferstehung, die an Ostern gefeiert wird. Hoffnung und Leben trotz der Realität des Todes standen auch im Mittelpunkt der Texte, die Auksutat vorlas: aus dem Buch „Theologie der Hoffnung“ von Jürgen Moltmann, in dem er auch die Trauer über den Tod seiner Frau verarbeitet hat.
Gott ermöglicht Hoffnung trotz der Todeserfahrung, sagte die Pfarrerin, er gibt immer wieder Mut und Kraft im Glauben an seine Gegenwart und Liebe. Sie zitierte Moltmann: „Die Trauer geht nicht weg, sie ist so tief, wie zuvor die Liebe war. Aber sie ist kein Selbstmitleid.“ Auf einer Wiese beim Hofgut übten sich die Spaziergänger in der Wahrnehmung des eigenen Körpers und machten sich Gedanken zum Thema Endlichkeit.
Sich auf den Weg machen, beweglich werden – das Gehen als natürliche Fortbewegungsweise des Menschen ist in seinem Denken und der Sprache fest verankert, erklärte die Pfarrerin. „Auf Ostern zugehen“ sind die Spaziergänge überschrieben, in einem mehrfachen Sinn: Die Bewegung in der Natur, der Weg durch die Wochen, aber auch das allmähliche Erfassen des Sinns in diesem Fest.
Denn Ostern ist mehr als Eier und Hasen. Für den Apostel Paulus war die Auferstehung Jesu die Basis des ganzen christlichen Glaubens: ein Ereignis, das aus verängstigten Jüngern mutige Verkünder machte. Für Menschen deutet Moltmann den Begriff „ewiges Leben“ als ein erfülltes Leben, in dem man mit sich selbst ganz eins ist.